Presse EXTRA-TIP 24.12.2017 – „Pflegeeltern gesucht“ – helfen Sie Kindern in Not

Liebe und Fürsorge sind entscheidend

Sarah Haurand leitet im Kastanienhof den Bereich Pflegekinder. Im Interview spricht sie über die Wichtigkeit, Kindern in familiären Krisen ein behütetes Zuhause auf Zeit zu geben und die Frage, wie eine Familie eigentlich zur Pflegefamilie wird.

 

Frau Haurand, der Kastanienhof sucht jedes Jahr intensiv nach neuen Pflege- familien für Kinder aus schwierigen Verhältnissen. Warum ist diese Art der Betreuung – kurzfristig oder auf Dauer – so wichtig?

Haurand Jedes Kind, das aus den unterschiedlichsten Gründen vorübergehend oder dauerhaft nicht bei seinen Eltern leben kann, sollte dennoch das Recht haben in einer Familie aufzuwachsen, um dort die Liebe und Fürsorge zu bekommen, die nur eine Familie geben kann.

Welche Voraussetzungen müssen Familien mitbringen?

Haurand Über allem steht die Bereitschaft zur Kooperation mit den Herkunftseltern, denn nur so gelingt es dem Kind, sich in beiden Familien ohne Ängste wohl zu fühlen. Selbstverständlich gehört viel Liebe, Geduld und auch Humor zu dieser anspruchsvollen Aufgabe. Daneben gibt es ein paar „harte Fakten“. In der Bereitschaftspflege sollten die eigenen Kinder über drei Jahre alt sein. Die Hauptbezugsperson sollte keiner außerhäuslichen Tätigkeit nachgehen und mobil sein. Ein eigenes Zimmer ist nicht notwendig. Da das Kind nur für einen begrenzten Zeitraum in der Familie lebt, spielt das Alter keine Rolle – unsere Pflegeeltern sind zwischen 30 und 70 Jahre alt.

Der Kastanienhof arbeitet mit aktuell 40 Bereitschaftspflegefamilien zusammen. Was passiert eigentlich, wenn keine Familie für die Aufnahme eines Kindes „frei“ ist?

Haurand Das Landesjugendamt gibt vor, dass alle Kinder unter drei Jahren in einer Krise in Familien unterge- bracht werden müssen.

In einem solchen Fall muss das zuständige Jugendamt weiter entfernte Familien suchen, was mit einer zusätzlichen, erheblichen Belastung für das Kind sowie die leiblichen Eltern verbunden ist. Im vergangenen Jahr konnten wir fast 80 Kindern keinen Platz bieten, so dass wir stetig auf der Suche sind, diesen Kindern das Glück einer Familie zu ermöglichen.

Was sollten Personen tun, die sich für die Aufnahme eines Kindes interessieren – wie wird dann vorgegangen?

Haurand Interessierte sollten sich nicht scheuen uns anzurufen oder per Mail zu kontaktieren. Wir informieren vorab und vereinbaren ein unverbindliches Erstgespräch in dem zunächst alle Fragen geklärt und besprochen werden.

Ein „fremdes Kind“ bei sich aufzunehmen ist ein Prozess, den wir gemeinsam mit den potenziellen Pflegepersonen gehen. Die Familien werden von uns intensiv auf die Aufnahme eines Kindes vorbereitet, ebenso erhalten Bereitschaftspflegefamilien die notwendige „Hardware“, wie Bett, Wickelkommode, Kinderwagen etc.

Sie leiten im Kastanienhof den Bereich Pflegekinder – wie sind Sie zur Einrichtung gekommen?

Haurand Nach dem Studium der Sozialen Arbeit habe ich beim Jugendamt angefangen. Eine sehr verantwortungsvolle und erfahrungsreiche Tätigkeit. 2015 entschied ich mich für einen Rollentausch – ich nahm keine Kinder mehr in Obhut, sondern im Kastanienhof in Empfang. Bisher die beste Entscheidung meines Lebens.

Ein Job wie jeder andere ist das ja sicher nicht…

Haurand Viele Menschen sagen, sie könnten unseren Job nicht machen, umgeben von so vielen traurigen Geschichten und Leid. Ich sehe das ganz anders, das Schönste an unserem Job ist es, nicht zu wissen, welcher kleine Mensch morgen durch die Tür kommt. Diese kleine Person, mit ihren Bedürfnissen nach Liebe und Wärme wird von unseren Familien geliebt und gefördert wie ein eigenes Kind. Sie blüht auf und entwickelt sich, fängt an zu lachen, zu krabbeln… Wir dürfen eine Zeit lang daran teilhaben und geben dafür unser Bestes. Etwas Schöneres gibt es nicht.

 Info

– Dauerpflege Die Pflegekinder leben in der Pflegefamilie, bis sie erwachsen sind. Vermittelt werden Säuglinge, Kleinkinder und Kinder.

– Bereitschaftspflege Unterbringung von Kindern in akuten Notsituationen für einen klar abgegrenzen Zeitraum. In der Regel für maximal sechs Monate. Nötig ist eine intensive Betreuung der Kinder.

– Kontakt
Pflegekinder im Kastanienhof
Kaiserstr. 103a Tel. 02151–507310
info@pflegekinder-kastanienhof.de
www.pflegekinder-kastanienhof.de

Der Fachdienst ist ab 27. Dezember wieder für Sie da!

 

Ungewollt schwanger: Hilfe für Andrea und Paul

Mitten in der Ausbildung und in einer Zeit voller persönlicher Schwierigkeiten wurde Andrea*) mit 19 Jahren ungewollt schwanger mit Paul*). Der Kleine sollte von den Problemen nichts mitbekommen. Der Kastanienhof half.

Krefeld (red.) Schnell war klar: Von Pauls Vater hatte Andrea keine Hilfe zu erwarten. Mit ihren Eltern hatte sie Stress. Alles in allem fühlte sich die werdende Mutter mit der Schwangerschaft und der bald nötigen Versorgung des Neugeborenen überfordert.

Andrea wandte sich an das Krefelder Jugendamt mit der Bitte um Hilfe. Zusammen mit dem Amt entschied sich Andrea dazu, das Kind erst einmal in eine Bereitschaftspflegefamilie zu geben, um sich klar darüber zu werden, wie es mit ihrem Leben eigentlich weitergehen soll.

Paul kam zu den Bereitschaftspflegeeltern Ulli und Renate. Die beiden holten ihn gemeinsam im Krankenhaus ab, wo sie auch Andrea kennenlernten.

Jetzt konnte in Ruhe die Frage geklärt werden, wie es mit Mutter und Kind weitergehen sollte. Eine therapeutische Fachkraft des Kastanienhofs traf sich mit der Mutter.

Zusammen überlegte man: Möchte Andrea Paul großziehen? Was braucht sie dafür, dass es ihr und dem Kind gut geht? Was gibt es für Probleme – und wie können diese gelöst werden?

In der Fachsprache heißt dieser vom Kastanienhof begleitete Vorgang Systemisches Rückführungsmanagement (SRFM). In einem mehrmonatigen Prozess arbeitete Andrea mit der Fachkraft des SRFM an diesen Punkten. Während dieser Zeit sah die Mutter ihren Sohn zweimal in der Woche zu Besuchskontakten im Kastanienhof. So hatten Mutter und Sohn regelmäßig Kontakt und konnten eine Beziehung aufbauen. Andrea konnte sich aber gleichzeitig auch um ihre Probleme kümmern.

Die Atempause tat Andrea gut und half, die Lage zu klären. Der kleine Paul wird bald zu seiner Mutter ziehen. Sie hat eine eigene Wohnung mit Kinderzimmer eingerichtet. Andrea macht ihre Ausbildung nur noch halbtags sowie eine ambulante Therapie.

In der Rückschau ist die junge Mutter dankbar, dass sie die Chance und Zeit bekommen hat ihre Probleme mit Unterstützung des Kastanienhof-Teams zu ordnen und sich für ihr Kind zu entscheiden, während Paul gut und liebevoll versorgt wurde.

*) Alle Namen sind geändert.

Wir bedaken uns bei unseren Partnern: